Henry Ford am Ende der Produktionsstraße
In der konstruierten Welt der industriellen Revolution dominiert das Montagefließband und der Handwerksmeißel die Denkweise aller Gestalter. Alles was industriell herstellt wird, muss zuvor in kleinste Teile zerlegt werden, um am Ende wieder zusammengesetzt und geschraubt zu werden. Designer übernehmen oft eine Brückenfunktion zwischen der Welt der Konstruktion und dem gestalteten Äußeren. Nichts davon funktioniert so in natürlichen Wachstumsprozessen. Wie würden von Menschen gestaltete Produkte aussehen, die wachsen könnten ? Würden wir dann noch soviel Plastik brauchen wie heute ?
Biologisches Wachstum gestalten
Wir leben in einer Zeit großer technologischer Veränderungen. Neri Oxman zeigt mit ihrem Team am MIT in grenzgängerischer Art technologische Wege vom industriellem Fließband hin zum biologischem Wachstum: Die Überschneidung von Computational Design, additiver Fabrikation mit 3D-Druckern, Materialtechnik und synthetischer Biologie ermöglicht dabei Dinge aus einem einzigen Material organisch zu gestalten und biologisch wachsen zu lassen. Mit Chitin lassen sich stabile Buck-Minster-Fuller-Kuppeln drucken, die Plastik ebenbürtig sind. Seidenraupen werden zu Coproduzenten von Kugelstrukturen in großem Maßstab. Synthetische Bienenköniginnen steuern ein ganzes Volk von Bienen, um vom Menschen aufgesetzte Strukturen im Weltall zu produzieren.
Aufkeimende Revolution von Produktionsprozessen
Als Professorin am MIT mit einem interdisziplinären Hintergrund in Architektur und Medizin erfindet sie mit ihrem ebenso interdisziplinären Team eine Arche Noah der Zukunft mit nachhaltigen Materialien im Prototypstadium. Wie einst John Maeda Computerwissenschaft und Design vereint hatte, beschwört Neri Oxman heute eine Revolution unserer Produktionsprozesse hin zum Biologischen. Ihre Werke sind ebenso schön wie wissenschaftlich funktionsfähig. Sie selbst sagt, dass Schönheit nur dann Zukunft hat, wenn sie auch nachhaltig funktioniert. Für Björks Album Vulnicura gestaltete sie eine bizarre organische postapokalyptische Gesichtsmaske aus gewachsenen Muskelfasern. Ihre Werke sind in Museen wie dem Centre Pompidou und dem MoMa zu sehen. Als Badass des MIT erregt sie ebenso in wissenschaftlichen Kreisen Aufsehen. Man darf gespannt sein auf die Zukunft.