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Das Haus mit der eulerschen ZahlDas Haus mit der eulerschen Zahl

Kurzgeschichte vom Haus mit der eulerschen Zahl. Ich hatte einen seltsam surrealen Traum. Normalerweise träume ich nicht. Und schon gar nicht von Traumhäusern. auch wenn mir das gewisse Institute nahelegen wollen. Altersvorsorge und so. Im überhitzten Immobilienmarkt sind die einzigen, die ihre Zukunft wirklich absichern, die Bauherren und Immoblienmakler. Mit Angst lassen sich die besten Geschäfte machen.

Die Gegend hatte wenig Glanz. Ein Vor­ort einer großen geschäf­tigen Metro­pole in Norden Italiens an einer gewöhn­lichen Durch­gang­straße. Dennoch waren einige Interes­senten vor Ort. Schließlich handelte es sich um ein neu gebautes und modernes Haus mit einigen Raffi­nessen. Zudem war es frei­stehend. Der Klang der numerischen Haus­nummer schien ihnen so vertraut, dass sie sich un­mittel­bar ent­schieden. Sie zogen nicht ein. Sie mieteten sich statt­dessen in der Nähe ein. Nun wollten sie es definitiv verkaufen, die Suche gestaltete sich jedoch zäh.

An manchen Tagen glaubten Sie es läge an ihren Namen jüdischer Herkunft, an anderen Tagen machten sie die Nummer am Haus mit der euler­schen Zahl scheinbar un­endlicher Länge dafür ver­antwort­lich. An besseren Tagen suchten sie ihre un­gewollte Bleibe auf und inspi­zierten sie näher. Ein kompli­zierter Mecha­nismus sorgte dafür, dass Türen dort auf und wo­anders wieder zu­gingen. Durch Schieben von Fenstern im Wohn­zimmer konnte man die Haus­tür ver­schließen, zumindest sah es gelegent­lich so aus. Manch­mal blieben Lichter an. Manch­mal blieb ihre Wohnung auf obwohl niemand drin war.

Sie wollten der Sache auf den Grund gehen. Es ließ ihnen keine Ruhe. Sie nahmen es Stück für Stück aus­ein­ander und schauten nach. Mal rissen sie den Dach­first in Stücke, mal klopften sie den Boden auf, mal unter­suchten sie fieber­haft das Gebälk. Seit­dem das Haus von allen Seiten dicht umbaut war, fühlten sie eine klaustro­phobische Enge. Die Sicht aus dem Wohn­zimmer durch die groß­zügigen Panorama­fenster reichte einen halben Meter bis zur gemauerten Wand des nächsten Anwesens. Sie hatten von einem bau­gleichen Haus in der Nähe von Rom gehört. Es hieß es läge in der Straße zur Hölle.

07.09.2018

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