Hilfswissenschaften
EinleitungAufgabensammlung
ProportionslehreHarmonielehre
RaumRand
Raster
Rhythmus
Gestaltpsychologie
AbstandUmbruch
Merkmal
Schriftgröße
Technik
InterfaceMaßeinheit
Automatisierung
Druckvorstufe
Desktop Publishing ist die rechnergestützte Herstellung von Typografie mit dem Ziel eines physikalisch anfassbaren Objekts. Dabei werden Schrift und Bildelemente im Gegensatz zur Textverarbeitung frei auf einer Formatfläche angeordnet. Die digitalen Daten werden im Anschluss meist auf Papier zu Faltblättern, Prospekten, Büchern und Zeitschriften materialisiert. Typografie lässt sich in eine Makroebene und Mikroebene unterteilen und untersuchen. Typografie macht Anleihen bei anderen Wissenschaften und wird hauptsächlich von Proportionslehre, Harmonielehre, Gestaltpsychologie und Technik bestimmt. Typografie ist Anschauung mit ausführlichem Regelwerk.
Schriftgröße ist eine relative Einheit. Abhängig vom Betrachtungsabstand ändert sich die Relation und damit auch ihre Wirkung in Bezug auf Größe. Eine Normierung bezieht sich auf einen typischen Betrachtungsabstand. Nimmt man ein Buch in die Hand, begrenzt die Physiologie des menschlichen Körpers die Entfernung, aus der wir ein Buch bequem halten und damit auch lesen können. Die meisten dieser normierten Größen beziehen sich aufs Buch.
Die Lesegröße beschreibt den Bereich eines optimalen Lesekomforts. Die rechnerische Punktgröße einer Schrift deckt sich nicht unbedingt mit ihrer optischen Wirkung. Eine Schrift mit einer geringen x-Höhe wirkt in der gleichen numerischen Punktgröße wesentlich kleiner als eine Schrift mit einer großen x-Höhe.
Die Konsultationsgröße bildet die untere Grenze der Lesbarkeit. Das Lesen ist anstrengender - ältere Menschen müssen bereits zur Lupe greifen. Diese Größe wird gerne für Vertragsklauseln genommen, die keiner durchliest.
Schaugrößen hingegen eignen sich für Überschriften in Publikationen. Erst bei Schaugrößen und Plakatgrößen tritt der grafische Charakter einer Schrift hervor und übernimmt sowohl eine konnotative als auch dekorative Funktion. Bei Lesegrößen und Funktionsgrößen nimmt sich der dekorative Anteil der Schrift zurück, während der funktionale Anteil an Bedeutung gewinnt. Der funktionale Anteil einer Schrift ist wesentlich vom Geschick eines Schriftgestalters abhängig und entscheidet über die Lesbarkeit einer Schrift in eben kleinen Größen. Auf dem Feld der sogenannten Displayschriften oder Schaugrößen können auch Grafikdesigner mitmischen, die sich traditionell mehr für die grafische Wirkung von Schriften interessieren.
Ein Schriftgrößensystem setzen wir ein, um Information zu strukturieren und voneinander abzugrenzen. Sowohl das Gesetz der Einfachheit als auch das Gesetz der Ähnlichkeit kommen hier zum Tragen. Mit der Einfachheit stellen wir sicher, dass die Abstände eindeutig und entschieden wirken. Die Ähnlichkeit stellt sich ein, wenn wir unser aufgestelltes Schriftgrößensystem einheitlich über eine Publikation einhalten. Sie wird dem Leser helfen, sich zu orientieren und Überschriften als solche zu erkennen – und falls es zwei gibt, beide voneinander zu unterscheiden. Gestalter folgen gerne einfachen Mustern. Eines dieser Muster empfiehlt »Weniger ist mehr« beim Gestalten. Auf Schriftgrößensysteme bezogen können wir beispielsweise zwischen Überschrift und Fließtext mit differenzierender Typografie unterscheiden. Die Überschrift kann sich durch einen fetten Schriftschnitt in gleicher Schriftgröße gegenüber dem Fließtext auszeichnen. Mit solch einem Ansatz bedienen wir das Gesetz der Einfachheit. Die Gestaltungsmaxime der Reduktion lässt sich auf Gestaltung im Generellen übertragen: Verwende möglichst wenig Elemente, um deine Aussage klar, eindeutig und verständlich zu kommunizieren. Aus gestaltpsychologischer Sicht ist diese Simplizität nachvollziehbar: Eine logische Schlussfolgerung aus dem Gesetz der Einfachheit. Die Reduktion ist dem Gestalter ein innewohnendes Gesetz, das Chaos ist dem Künstler vorbehalten. Wir machen uns als Gestalter das grafische Leben einfacher, wenn wir mit weniger Elementen hantieren, die wir beherrschen. Das Chaos als Grafiker zu beherrschen ist eine Kunst für sich. Wer das scheinbare Chaos berechnen kann, versteht die Zusammenhänge. Wer Ordnung rein sinnlich fühlt, argumentiert tendenziell mit Geschmacksurteilen. Beide Gehirnhälften beim Gestalten zu verwenden ist meist die beste Lösung.
Möchten wir ein Schriftgrößensystem im Einklang mit einem Grundlinienraster stimmen, so justieren wir zunächst das Grundlinienraster auf eine optimal eingerichtete Fließtextkolumne. Im abgebildeten Fall kombinieren wir eine 9pt Schrift mit 12pt Zeilenabstand. Für das Grundlinienraster übernehmen wir den 12pt Zeilenabstand. Solange wir mit einer einzigen Schriftgröße für Texte in Publikationen operieren, genügt dieser Ansatz bereits. Unsere Überschrift können wir unabhängig vom Grundlinienraster verändern und vergrößern. Wir richten hierzu lediglich unsere Überschriften an der ersten Zeile des Grundlinienrasters aus, sodass wir für eine zweizeilige Überschrift einen freien und optimalen Abstand einstellen können. Diese Vorgehensweise wird unser System nicht weiter beeinflussen.
Sobald wir eine zweite Textkolumne mit einem größeren Zeilenabstand in unser Grundliniensystem integrieren wollen, müssen wir uns mit der Materie eingehender beschäftigen. Zwei unterschiedliche Schriftgrößen in einem Grundlinienraster gleichbleibenden Zeilenabstands zu vereinen, ist eine Sache des Vielfachen von Zahlen. Bevor wir die Schriftgröße erhöhen, vergrößern wir zunächst den Zeilenabstand. Stellen wir uns dabei geschickt an, läuft der neue Zeilenabstand mit jeder zweiten, dritten, vierten, fünften Zeile des Grundlinienrasters gleich – eine harmonische Gesamtwirkung stellt sich ein. Haben wir ein Vielfaches des Zeilenabstands gefunden, können wir die Schriftgröße im zweiten Schritt entsprechend anpassen. Eine naheliegende Möglichkeit wäre das optische Justieren, was sicherlich am schnellsten geht. Was für eine Regel steckt jedoch dahinter ?
Um zu erfahren, wie registerhaltig ein gewählter Textzeilenabstand zum Grundlinienabstand ist, setzen wir das Grundlinienabstand und den gewünschten Textzeilenabstand ins Verhältnis. Diesen Bruch kürzen wir, solange bis er sich nicht mehr weiter kürzen lässt. Als Ergebnis erhalten wir ein Zahlenverhältnis. Die Zahl auf Seite des Grundlinienabstands zeigt auf, welche Grundlinienzeile jeweils registierhaltig ist. Die Zahl auf Seite des wählbaren Textzeilenabstands besagt, welche Textzeile jeweils registierhaltig ist. Bei einem Zahlenverhältnis 2:3 (Grundlinienabstand:Zeilenabstand) ist jede zweite Grundlinienzeile registerhaltig und jede dritte Textzeile registerhaltig. Was wir beim gewählten Grundlinienabstand von 12 pt sehen: Die gekürzten Zahlenverhältnisse ergeben niedrige Zahlenwerte, was gut ist. Es bedeutet, dass sowohl die Grundlinienzeilen häufig registerhaltig sind als auch die Textzeilen. Wenn wir die gleiche Untersuchung für einen Grundlinienabstand von 8pt bis 11pt und 13 bis 22pt vornähmen – den für Lesegrößen relevanten Bereich – kämen wir zu weniger erfreulichen Ergebnissen.
Die gleiche Untersuchung des Grundlinienabstands basierend auf 11 pt und einem variablen Textzeilenabstand zeigt uns, dass wir es in diesem System höchstens schaffen, den Grundlinienzeilen jedes 11te Mal registerhaltig laufen zu lassen. Jedes 11te Mal wird sehr unruhig wirken. Die Textzeilen sind sogar noch weniger registerhaltig mit vorwiegend größeren Zahlen als 14 bis hin zu 32. Der Unterschied zum 12 pt Grundlinienabstand besteht in der Möglichkeit der Aufteilung von 12 in kleinere für Zeilenabstände geeignetere Primzahlen wie 3 und 2. Dagegen lässt sich 11 nicht mehr weiter aufteilen und ist selbst eine Primzahl. Das Optimum in systemischer Hinsicht bildet das 12 pt Grundlinienraster.